Bundestag diskutiert drastisch steigende Gewerbemieten - Ulli Nissen, MdB: „Mieten für kleine Läden und Handwerksbetriebe gehen in Frankfurt durch die Decke“

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag (30.01.2020) über die Verdrängung von kleinen Gewerbebetrieben und sozialen Einrichtungen aus den Innenstädten debattiert. „In Frankfurt gehen gerade die Mieten für kleinere Läden und Handwerksbetriebe durch die Decke“, sagt die Frankfurter Bundestagsabgeordnete Ulli Nissen (SPD).

Die Baupolitikerin bedauerte in ihrer Rede vor dem Deutschen Bundestag, dass alteingesessene Bäckereien, Obst- und Gemüseläden, Metzger und kleine Buchhandlungen aus den Stadtteilen verschwinden würden. „Für das gemischte Kleingewerbe sind die Mieten einfach zu hoch. Häufig geben sie auf und die Versorgung der Nachbarschaft ist nicht mehr gesichert“, sorgt Nissen sich.

Beispielhaft ist diese Entwicklung im Frankfurter Stadtteil Bockenheim zu beobachten. Die exorbitanten Preissteigerungen an der Leipziger Straße führen hier dazu, dass kleine Unternehmen und Einzelhändler nicht mehr Fuß fassen können oder aufgrund steigender Preise verdrängt werden, sobald sie über eine Verlängerung des befristeten Mietvertrages verhandeln müssen.

„Die SPD hat sich immer für eine Stadt der kurzen Wege mit wohnortnaher Versorgung ausgesprochen. Auch für das Klima ist es hervorragend, wenn Erledigungen zu Fuß oder per Fahrrad erledigt werden können“, bekräftigt Nissen. Deshalb hat sich der Bund des Problems angenommen, erläuterte sie.

790 Millionen Euro stelle der Bund jedes Jahr für die Städtebauförderung zur Verfügung. Die Städtebauförderung sei komplett überarbeitet worden. Über die neuen drei Dachprogramme „Lebendige Zentren" (300 Mio. Euro), „Sozialer Zusammenhalt" (200 Mio. Euro) und „Wachstum und nachhaltige Steuerung“ (290 Mio. Euro) versuche der Bund, die Vielfalt in den Quartieren am Leben zu halten.

Wie konkret die steigenden Mieten auch soziale Einrichtungen bedrohen, haben die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle Wildwasser e.V. im Frankfurter Nordend ihrer Abgeordneten berichtet. Inzwischen werde immer mehr Geld für Miete ausgegeben. Dieses fehle dann für die psychologische Betreuung von Frauen, die von sexueller Gewalt betroffen sind und waren, ärgern sie sich hier.

SPD-Frau Nissen hofft deshalb, dass die Bundesprogramme bald Wirkung zeigen. Sie wolle sich überdies weiter dafür einsetzen, dass diese Einrichtungen und Läden nicht aufgeben müssten. „Einzelhändler, soziale Einrichtungen und Cafés gehören zum Pflichtprogramm eines lebenswerten Stadtteils“, sagte Nissen.

Die SPD möchte Nissen zufolge, dass die Bundesregierung prüft, ob das soziale Mietrecht auf soziale und kulturelle Projekte sowie auf Kleingewerbetreibende ausgeweitet werden kann. „Unser Wunsch wäre, dass für diese Projekte ebenfalls Regelungen des sozialen Mietrechts gelten“, so Nissen in ihrer Rede. Sie denke dabei an effektiven Kündigungsschutz und eine Begrenzung zulässiger Mieterhöhungen. Denkbar sei auch die Einführung eines Gewerbemietspiegels. „Ein solcher Schutz ist unverzichtbar, um die vielfältige Mischung aus kleinen Gewerbebetrieben, sozialen und kulturellen Projekten sowie Wohnraum in den Städten zu erhalten", meinte die Abgeordnete.

Die Baupolitikerin forderte im Anschluss an ihre Rede auch ein Zusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen. „Bundesförderung sei das eine, kommunale Gestaltungsmöglichkeiten das andere", so Nissen. Und weiter: „Kommunen haben schon jetzt ein breites Instrumentarium mit dem sie die Innenstadtentwicklung lenken können.“

Damit meint die SPD-Frau kommunale Steuern, Einzelhandels- oder Innenstadtentwicklungspläne oder auch städtebauliche Verträge. „Die betroffenen Städte sollen darauf achten, dass kleine Läden nicht zusammengelegt werden. Auch könnte die Errichtung von Gewerbehöfen dafür sorgen, dass auch der Tischler oder die Fahrradwerkstatt im Quartier bleibt", so Nissen.

Ulli Nissen ist Mitglied des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen des Deutschen Bundestags. Die Politikerin setzt sich hier insbesondere für bezahlbaren Wohnraum in Deutschlands Großstädten ein. „Verdrängung, betrifft aber nicht nur private Mieterinnen und Mieter, sondern auch das Kleingewerbe und soziale Einrichtungen", sagt sie beim Blick auf die Entwicklung der Gewerbemieten in Frankfurt.